Heute: Saubere Sportreporter im Ersten

Bei der ARD gibt es jetzt Doping, aber richtig, nachdem im vergangenen Jahr Nachrichten über Sportler, die verbotene Mittel einnehmen, gar nicht gern gesehen wurden. Der WDR will eine „Fachredaktion Doping“ schaffen. Los geht der (Anti-)Doping-Marathon am Mittwoch mit einer Reportage von Sportreporter Hajo Seppelt, der 2006 wegen seiner Recherchen zum Thema bei einigen ARD-Oberen in Ungnade gefallen war. Seppelt erlebt nun das, worauf Jan Ullrich noch wartet: Seine Rehabilitierung.

Spät gibt sich das Erste bei der Sportberichterstattung geläutert. Statt jovialer Schulterklopfer und gemeinsamem Anstoßen mit Athleten kehrt der kritische Journalismus zurück. Mit der Reportage von Seppelt rückt das Dopingproblem im Leistungssport, in das offenbar mehr deutsche Athleten verstrickt sind, als Funktionäre zugeben wollen, in das Abendprogramm der ARD. Seine Tour mit Dopingkontrolleuren durch die Bundesrepublik läuft vor den Tagesthemen und wurde mit zahlreichen Trailern prominent angekündigt. Das Fazit durfte er am Vorabend im „Nachtmagazin“ schon vorweg nehmen: „Wer in Deutschland dopen will, der kann“, sagte er.

Ein Jahr zuvor hätte Seppelt keine Chance gehabt, live solch einen Satz im Ersten zu sagen. Damals musste er von seinem Engagement als Beckenrand-Reporter bei Schwimmwettkämpfen Abschied nehmen. Stattdessen kam Tom Bartels zum Einsatz, der sich zuvor bei RTL allerdings als Fußballexperte einen Namen gemacht hatte. Verantwortlich dafür war ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf.

Dem Journalisten, der wegen seiner Tätigkeit als Stasi-IM „Florian Werfer“ nicht NDR-Sportchef werden durfte, missfiel die stete Kritik Seppelts am Duz-Journalismus, bei dem Doping keinen Platz fand. Dann verlor die ARD noch eine Klage gegen den Heidelberger Biologen Werner Franke, der den Sender der Mitschuld am Doping durch Verschweigen bezichtigt hatte. Ausgerechnet eine nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Mail Seppelts sorgte für die Entlastung des Wissenschaftlers.

Für den Reporter zahlte es sich aus, dass er an seinem Kurs festhielt: Bei der „Tour de France“ machte er die erhöhten Testosteronwerte des vermeintlichen Toursiegers Floyd Landis bekannt. Das Netzwerk Recherche würdigte ihn, er stehe „für einen Sportjournalismus, der seine Seele noch nicht an die Unterhaltung verkauft hat“, und verlieh den „Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen„.

Boßdorf rutscht hingegen in die Verbannung. Wegen seiner Stasi-Kontakte agierte er ohnehin fast nur noch hinter den Kulissen. Außerdem wurde die Verlängerung seines Vertrags als Sportkoordinator widerrufen, nachdem der von ihm verantwortete „Becel Deutschland Walk“ entgegen aller Programmrichtlinien allzu werbend ausgefallen war.

Einschalten am Abend: „Das ARD-Team schaut hinter die Kulissen der Kontroll-Labore, in denen fast täglich neue Substanzen und spektakuläre Methoden des Betruges entdeckt werden“, heißt es in der Ankündigung des Senders. „Das deutsche Dopingkontrollsystem, das als eines der besten gilt, ist gar nicht so sicher“, sagte Seppelt im „Nachtmagazin“.

Die Namen der schwarzen Schafe werden allerdings nicht genannt, noch nicht. Doch weitere Berichte über Doping sollen folgen. Der WDR schafft dafür eine Fachredaktion, berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger. Man wolle für das neue Projekt „richtig viel Geld in die Hand nehmen“, wird WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn zitiert.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Blog Vanity Care.

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