Safi Airways plant die zweite Blütezeit

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. Mai 2011 Die erste Blütezeit war kurz. Safi Airways flog von Kabul nach Frankfurt, bis die Europäische Union Ende 2010 allen Gesellschaften Afghanistans verbot, auf Flughäfen in Europa zu landen. Nun will die Fluggesellschaft Indien ansteuern.

Die erste Blütezeit war kurz. Und als der Niederländer John Roijen den Posten des Finanzvorstands der afghanischen Fluglinie Safi Airways übernahm, war die kurze Erfolgsphase der privaten Gesellschaft aus dem vom Krieg geschundenen Land schon beendet. Doch Roijen ist entschlossen, zusammen mit den anderen Vorstandsmitgliedern Safi Airways zu einer zweiten Blüte zu verhelfen – mit einer neuen Strategie und einer veränderten Flugzeugflotte. Ein Unternehmen, das sein einst wichtigstes Produkt nicht mehr anbieten darf, steht sonst oft vor dem sicheren Untergang.

Safi Airways flog von Kabul nach Frankfurt, bis die Europäische Union Ende 2010 allen Gesellschaften Afghanistans verbot, auf Flughäfen in Europa zu landen. Die Brüsseler Beamten zweifelten an der Qualität der Kontrollen in Kabul und beklagten insgesamt das Flugverkehrswesen in dem Land. “Die afghanischen Behörden verfügen nicht über die Kapazitäten, die Sicherheitsstandards für alle Flüge ab Kabul zu erfüllen”, räumt Roijen ein. Den Zustand der Flugzeuge von Safi, die als einzige Gesellschaft des Landes von der Internationalen Luftfahrtorganisation ICAO zertifiziert ist, monierten die europäischen Behörden nicht. “Sogar Präsident Hamid Karzai fliegt mit uns, weil er unsere Flugzeuge für sicherer hält”, berichtet Roijen. Das Landeverbot gilt dennoch bis heute auch für Safi.

Roijen rechnet sich wenig Chancen aus, schnell wieder Frankfurt anzusteuern. “Erst wenn die afghanischen Behörden alle Sicherheitsvorschriften beachten, dürfen in Afghanistan registrierte Flugzeuge in Europa wieder landen”, sagt er. “Wir müssen zunächst ein regionales Netz aufbauen.” Statt auf Direktflüge zum Rhein-Main-Flughafen, die vor dem Verbot von Hilfsorganisationen und Diplomaten geschätzt wurden, setzt er auf Destinationen im arabischen Raum und in Indien. Noch im laufenden Jahr sollen sie in den Flugplan aufgenommen werden. Um Passagiere aus Europa zu behalten, hat Safi Kooperationen mit Lufthansa, Emirates und Qatar Airways geschlossen. Wer über Dubai reist, kann durchgehende Tickets nach Kabul kaufen.

Mit den Direktflügen ab Frankfurt hatte Safi Airways für Schlagzeilen gesorgt. Die ab 2009 eingesetzte Boeing erwies sich bald als zu klein, ein größerer Airbus A 340 löste sie ab. Zeitungen berichteten über die Fluggesellschaft, die als willkommenes Symbol für den Wiederaufbau und den Weg eines ganzen Landes in die Normalität erschien. Zumal auf den Flugzeugen herrschaftlich der Schriftzug Safi steht – ein Name, der in Afghanistan für unternehmerischen Erfolg einer Familie steht.

Ein Baustoffkonzern, Einkaufszentren, Industriebetriebe, Hotels und seit 2006 die Fluggesellschaft gehören zu dem von Abdul Qudoss Safi über Jahrzehnte geformten Imperium. Sein Lebenslauf klingt wie die afghanische Variante des Aufstiegs vom Tellerwäscher zum Millionär. Er wuchs in einem Armenviertel auf – als Kind bewachte er Stände von Händlern und schleppte ihnen Waren heran. Sein erstes eigenes Geschäft betrieb er mit Trockenfrüchten, später folgte der Import von Waren aus sowjetischer Produktion. Safi verdiente ein Vermögen. Als nach dem Rückzug der Roten Armee ein Bürgerkrieg das Land lähmte, mühte sich die Familie, von Dubai aus ihre Geschäfte am Laufen zu halten. Erst mit dem Zurückdrängen der Taliban ab 2001 ergaben sich neue Perspektiven – auch für eine Fluggesellschaft. Die sollte den Namen der Familie in die weite Welt tragen und die Welt nach Afghanistan bringen.

War 2009 ein Jubeljahr, folgte 2010 die Krise. Ein Hubschrauberdienstleister warb den deutschen Vorstandschef Tilmann Gabriel ab. Er hatte das scheinbar unmögliche Projekt vorangetrieben, in Afghanistan eine Fluggesellschaft aufzubauen, die internationalen Standards genügt. Zum Jahresende folgte dann das Landeverbot der EU. Schließlich gingen weitere europäische Führungskräfte bei Safi von Bord.

Übrig blieben Dubai als einziges Flugziel und im Unterhalt teure Flugzeuge, die nicht gewinnbringend eingesetzt werden konnten. Der längst veröffentlichte Plan, die Flotte von vier auf neun Maschinen aufzustocken, war Makulatur. Statt Expandieren stand Schrumpfen auf der Tagesordnung der neuen Führung. Finanzvorstand Roijen musste Gespräche führen, um vorzeitig aus dem Leasingvertrag des für Flüge nach Dubai zu teuren Langstreckenjets A340 aussteigen zu dürfen. Die Flotte verkleinert sich schließlich auf zwei Maschinen.

Nun soll die Schrumpfkur vorbei sein. Für den Herbst ist geplant, von Kabul ins indische Delhi zu fliegen. Auch Jeddah in Saudi-Arabien soll in den Flugplan kommen. In der Flotte will Roijen auf das Modell A330 von Airbus setzen. “Das ist im Moment aber noch teuer. Wir warten, bis die Boeing 787 auf den Markt kommt, dann werden gebrauchte A330 frei”, sagt er. Und insgesamt bleibt sein Ziel, Safi Airways wieder zum Botschafter für die Erholung des Heimatlandes zu machen. “Afghanistan ist im Aufwind”, sagt der Niederländer Roijen.

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