Air Berlin und Lufthansa vor dem Schlagabtausch

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. März 2011

Neue Partnerschaften, neue Preise, neue Strecken – Deutschlands größte Fluggesellschaften präsentieren, wie sie dem Rivalen Kunden und Marktanteile abjagen wollen: Auf der Tourismusmesse ITB war Lufthansa seinem Rivalen aus der Hauptstadt zeitlich voraus. Zwei Stunden vor Air Berlin kündigte Lufthansa-Passagevorstand Thierry Antinori an, dass seine Gesellschaft mit einem neuen Niedrigpreisangebot für Inlandsflüge dem Herausforderer Paroli bieten will. Air-Berlin-Vorstandschef Joachim Hunold legte dann zwei Messehallen weiter nach.

Er kündigte neue Flugverbindungen an und legte den Eintritt in die – mit dem Lufthansa-Bündnis Star Alliance konkurrierende – Luftfahrtallianz Oneworld mit American Airlines und British Airways auf April 2012 fest. Damit war die nächste Runde im Wettlauf der beiden führenden Fluggesellschaften Deutschlands eingeläutet. Mit Inlandsflügen ab 59 Euro je Strecke, inklusive aller Abgaben, sendete Antinori ein Signal, dass trotz der seit Jahresbeginn erhobenen Luftverkehrssteuer der Preiskampf für innerdeutsche Strecken noch nicht ausgereizt ist. Die Offerte zielt auf Kunden, die nur einen einfachen Flug buchen wollen. “Bei Inlandsflügen benötigen Fluggäste manchmal nur einen Flug, da sie beispielsweise das Flugzeug mit der Bahn oder dem Auto kombinieren”, sagte Antinori. Bislang hatte Lufthansa – anders als Air Berlin – nur Niedrigpreise für kombinierte Hin- und Rückflugbuchungen angeboten, was zuweilen dazu führte, dass zwei Flüge günstiger waren als einer.

Hunold versicherte indes, dass seine Gesellschaft mit den Vorbereitungen für den Beitritt zur Oneworld-Allianz “voll im Zeitplan” liege. In einem Jahr könnten daher Kunden über Air Berlin Flüge mit dem Unternehmen und dessen Partnern zu 900 Zielen in 150 Ländern buchen. Derartige Bündnisse werden nicht zuletzt wegen ihrer Bonusprogramme von vielen Passagieren geschätzt. Und für Air Berlin verbindet sich mit dem Eintritt in die Allianz die Hoffnung, auch im Interkontinentalverkehr dem Platzhirschen Lufthansa endlich Marktanteile abzujagen. Doch noch laufen die Vorbereitungen, die Air Berlin wohl einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag kosten werden. Bis die Partnerschaft steht, behilft sich Air Berlin über Kooperationen mit anderen Bündnismitgliedern wie American Airlines und Finnair. Ein Scheitern der Vorbereitungen gilt in der Air-Berlin-Zentrale als ausgeschlossen. Schließlich hätten sich die bisherigen Oneworld-Partner die Erweiterung ihres Bündnisses gewünscht, um ihre bislang schwache Stellung in Zentraleuropa auszubauen.

Hunold will vor allem seine künftige Heimatbasis auf dem neuen Berliner Großflughafen BBI in die Allianz einbringen. Das Kalkül dahinter ist, dass die Hauptstädter sich künftig komplett am Oneworld-Bündnis orientieren sollen – zumal Lufthansa beim Ausbau ihrer Präsenz in Berlin hinterherhinkt und sich in der Vergangenheit sogar geziert hatte, von dort aus Interkontinentalflüge anzubieten. Dass der Konkurrent aus Frankfurt nun eilig nachziehen will und seinen früheren Verkaufschef Josef Bogdanski darauf angesetzt hat, ein Gegenkonzept zu Air Berlin zu entwickeln, beunruhigt Hunold nicht. “Ich habe noch nie in meinem Leben Angst gehabt”, sagt er. “Wir sind bestens gerüstet für die Eröffnung des BBI.” Und das klingt so, dass Air Berlin aus Sicht des Chefs eine derart herausragende Stellung in der Hauptstadt erreicht hat, dass dort selbst der mächtige Rivale auf dem Heimatmarkt nicht zu fürchten ist.

Um im Bündnis das Geschäft mit besser zahlenden Passagieren zu stärken, kündigte Hunold mehr Komfort in seiner Langstreckenflotte an. Im Herbst soll der Umbau der Business-Class-Sektionen beginnen und zum Sommerflugplan 2012 bereits abgeschlossen sein. Bei den neuen Sitzen hat sich die Gesellschaft laut Hunold allerdings zunächst für eine “Übergangslösung” entschieden. Die endgültige Umgestaltung soll erfolgen, sobald Air Berlin ab Herbst 2014 auch Flugzeuge des neuen Boeing-Typs 787 (”Dreamliner”) bekommt.

Das Geschäft mit den First-Class-Passagieren überlässt Hunold dagegen der Lufthansa. Um mehr zahlungskräftige Kunden zu locken, setzt Antinori auf eine Auffrischung der Kabine. Nach dem Auftakt mit der Premiumsektion im Airbus A380 nimmt sich die Gesellschaft jetzt auch die Renovierung ihrer älteren Boeing-Jumbo-Jets vom Typ 747-400 vor. In zehn Flugzeugen soll die begehrte Klientel neben dem Sessel eine separate, nicht geneigte Matratze nutzen können. Allerdings muss die Lufthansa dafür hinnehmen, dass sie in den Jumbos nur noch acht statt 16 First-Class-Passagiere unterbringen kann, umgerechnet auf die gesamte Flotte sinkt die Zahl der Premiumplätze daher um 20 Prozent. “Wir haben erkannt, dass acht Sitze pro Flugzeug die richtige Anzahl ist”, ließ Antinori erahnen, dass die First Class bislang nicht optimal ausgelastet war. Die Beförderung von vermögenden Kunden soll dagegen künftig der Kooperationspartner Net Jets für Lufthansa übernehmen.

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