Die Transformers verwandeln einen Spielekonzern

F.A.Z. vom 25. April 2015 Das amerikanische Unternehmen Hasbro lässt die Roboter in ihre fünfte Kinoschlacht ziehen und Jungen mit Schaumstoff schießen.

Die „Ära des Untergangs“ bedeutete nicht das Ende – sie war ein wirtschaftlicher Erfolg. Deshalb lässt der amerikanische Spielwarenkonzern Hasbro seine Transformers abermals im Kino aufleben. Unter dem Endzeittitel kämpften die Roboterwesen im Sommer 2014 auf der Leinwand, nun bestätigte der Konzern, dass die Transformers-Saga mit bislang vier Filmen in die Verlängerung geht. Die Phantasiehelden, die sich zu Lastwagen und Flugobjekten umfalten können, bekommen einen weiteren Leinwandauftritt – mindestens.

„Es gibt noch eine ganze Reihe von Geschichten zu dieser Marke zu erzählen, die bereits seit dreißig Jahren besteht und mit einem erstaunlichen Kanon und Mythologie aufwarten kann“, sagte Hasbro-Vorstandschef Brian Goldner. Die Vorlage der Geschäftszahlen für die Monate Januar bis März geriet dadurch zur cineastischen Ankündigungsstunde. Für 2017 erwarte er den fünften Teil, ließ sich Goldner entlocken. Und damit müsse die Saga um Bumblebee und Optimus Prime nicht enden. Im Hause Hasbro sieht man die Transformers, deren Filme weniger durch erzählerischen Wert als durch Spezialeffekte für Explosionen und geknautschtes Blech auffallen, offenbar bereits auf einer Höhe mit Langzeitreihen wie „Star Wars“.

2017 will es der Konzern wieder krachen lassen – auf der Leinwand und wohl auch wirtschaftlich. Die „Ära des Untergangs“ spielte rund um die Welt 1,1 Milliarden Dollar ein und erklomm den Spitzenplatz auf der Liste der 2014 gestarteten Filme. Zwar blieb der vierte Transformers-Film hinter den Werten der dritten Folge zurück, für einen Platz unter den zwanzig erfolgreichsten Filmen aller Zeiten reichte es trotzdem.

Hasbro verdient daran doppelt. Der Konzern liefert Spielzeug zum Film, und er vergibt Lizenzen für Zusatzprodukte wie Schreibwaren, Sportartikel und Bettwäsche. Denn die Transformers sind ein Hasbro-Eigengewächs. Der Konzern muss nicht teuer die Rechte einkaufen, sondern tritt selbst als Lizenzgeber auf. Während der jüngste Film aus den Kinos verschwunden ist, läuft das Geschäft mit den Zusatzartikeln immer noch. Dass der Konzern im ersten Quartal mit 714 Millionen Dollar rund 5 Prozent mehr umsetzte als ein Jahr zuvor, während Konkurrent und Barbie-Produzent Mattel einen Umsatzrückgang meldete, geht auch auf das Konto von Optimus Prime und Co.

Die wandelbaren Roboterwesen beschleunigen die Veränderung des Hasbro-Reichs. Der Konzern steckt in der Transformation. Im ersten Quartal nahm er schon jeden zwölften Dollar mit seiner Lizenz- und Entertainmentabteilung ein – der Umsatz der kleinen Sparte lag 74 Prozent höher als im Vorjahr. Da das Entertainmentgeschäft viel lukrativer ist als die Produktion von Spielfiguren, steht es für 30 Prozent des operativen Gewinns von 54 Millionen Dollar. Unterm Strich verdiente Hasbro im traditionell schwächeren ersten Quartal knapp 26 Millionen Dollar, Mattel meldete einen Verlust.

Dass Vorstandschef Goldner über einen „guten Start“ in das Jahr berichten konnte, ist wesentlich mit der Bestückung von Jungen-Zimmern verbunden. Dort zogen nicht nur Transformers-Figuren ein, sondern auch Geräte, die Schaumstoffpfeile abfeuern. Mancher Produktmanager hierzulande dürfte geseufzt haben, als aus der Hasbro-Zentrale der Wunsch kam, die in den Vereinigten Staaten erfolgreichen „Nerf“-Schussgeräte international und somit auch in Deutschland salonfähig zu machen. Schließlich ist die Verbindung von Spielen und Schießen ein Konfliktthema – bei Eltern in Deutschland mehr noch als anderswo.

Es brauchte Jahre der Aufbauarbeit, derzeit zählt die Ersatzpackung mit Schaumstoffpatronen zu den gefragtesten Artikeln auf Portalen wie Amazon. Dazu dürfte die Vermarktungsstrategie beigetragen haben. Die „Nerf“-Geräte heißen im Konzernsprech Blaster, die Worte Pistole oder Gewehr sind verpönt. Mit Zusatzartikeln vom Rucksack bis zum Skateborad stellte man „Nerf“ als Sportmarke dar. „Wir wollten uns klar absetzen von klassischen Spielzeugpistolen“, heißt es aus dem Konzern. Schwarze Blaster gibt es nicht, sie sind grellblau oder quietschorange. Zuletzt gelang sogar, was in der Branche anfangs für Kopfschütteln sorgte. Hasbro führte Mädchen und „Nerf“ zusammen: Schaumstoffteile wurden als Hohlkörper produziert, damit zu übermittelnde geheime Briefchen hineinpassen. Weniger Experimente dürften mit der Eiskönigin aus den Disney-Studios nötig sein. Ende 2014 luchste Hasbro Mattel die lukrative Lizenz für die Figuren ab, die im Weihnachtsgeschäft in Amerika beliebter als Barbie waren. Die Eiskönigin dürfte ab 2016 zur Stärkung des Mädchensortimens beitragen. Derzeit ist es das Sorgenkind – mit einem Umsatzminus von 16 Prozent im ersten Quartal.

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