Mytaxi bietet Uber Paroli

F.A.Z. vom 13. Dezember 2018. Neue Konkurrenz auf Stadtstraßen: Chauffeurdienste und Taxis buhlen um dieselben Fahrgäste. Gegen die Neulinge setzt der Vermittler Mytaxi auf Qualitätsseminare – und eine Gesetzesänderung.

Der Fahrstil wirkt aggressiv, die Fahrstrecke erscheint als Umweg, der Wagen hätte einen Stopp in der Waschanlage nötig – all das haben Taxikunden erlebt. 56 Prozent von ihnen äußern Kritik an ihren Fahrten in deutschen Großstädten. Herausgefunden haben will das ausgerechnet ein Unternehmen, dass die Vermittlung von Taxifahrten per Smartphone-App zu seinem großen Geschäft gemacht hat: Mytaxi. Zwar sind nach den Zahlen Kunden zwischen Hamburg, Berlin und München je nach Stadt zu 64 bis 80 Prozent zufrieden – trotz kleiner Mäkeleien. Doch für Mytaxi-Deutschlandmanager Alexander Mönch steht das Ziel fest: Die Qualität von Taxi-Fahrten muss steigen, denn nicht nur Uber, sondern auch andere Chauffeurdienste mit Mietwagen haben es auf dieselben Fahrgäste abgesehen. Statt Fuhrunternehmer angesichts von Kundenkritik mit Schmähungen zu überziehen, nimmt es der Vermittler selbst in die Hand – und bietet zusammen mit dem Taxiverband Deutschland Qualitätsschulungen für Fahrer an. In Frankfurt haben sie schon begonnen.

„Wir stehen in einem Mobilitätswettbewerb, deshalb müssen wir die Stärken des Verkehrsmittels Taxi herausstellen“, sagt Mönch in Gespräch mit der F.A.Z. Wenige Tage zuvor hat der Fahrdienst Uber mit seiner Rückkehr in die Stadt am Main begonnen. In anderen Städten wie Düsseldorf, Berlin und München ist Uber schon präsent. Statt auf das hierzulande unzulässige Modell Uber Pop zu setzen, bei dem jeder durch das Mitnehmen von Fahrgästen Geld verdienen konnte, steht nun Uber X im Mittelpunkt: Fahrer mit Erlaubnis zur Personenbeförderung bieten sich als Chauffeure mit einem Mietwagen an. Auch das Start-up Blacklane ist schon in Frankfurt unterwegs, der Autovermieter Sixt unter der Marke Mydriver ebenso.

Mit den Qualitätsseminaren stemmt sich das Unternehmen Mytaxi, das nach eigenen Angaben in jeder Sekunde 40 Fahrgäste und Taxifahrer irgendwo in rund 100 europäischen Städten zusammenbringt, gegen die wachsende Konkurrenz. Die ersten zehn Frankfurter Fahrer haben die Schulung hinter sich. Der Hamburger Taxiunternehmer Manfred Aden hat ihnen erklärt, wie sich mit kleinen Gesten die Kundenzufriedenheit erhöhen lasse: Zur Begrüßung aussteigen und das Gepäck einladen, Bonbons für den Fahrgast auf die Mittelkonsole legen, eine kleine Flasche Wasser oder W-Lan für das Abrufen von E-Mails anbieten. „Kunden hassen es auch, wenn der Taxifahrer bei dunkelgelb über die Kreuzung fährt“, sagt Aden. Die Mytaxi-Umfrage hatte ergeben, dass vor allem eine sichere Fahrweise erwartet wird und kein Fahrer, der möglichst schnell frei für den nächsten Auftrag sein will.

„Fahrer, die einen hohen Standard bieten, haben finanziell einen Vorteil, weil sie mehr Trinkgeld und mehr Stammkunden bekommen“, ergänzt Mönch. Und zufriedene Nutzer wanderten nicht zu Fahrdiensten ab, mit denen man nun in einer Konkurrenz stehe. „Wettbewerb finden wir grundsätzlich gut. Er führt dazu, dass Kundenbedürfnisse besser bedient werden“, sagt Mönch. Das hätten die Anfänge von Mytaxi im Jahr 2009 bewiesen, als die Plattform gegen Widerstände traditioneller Taxizentralen zu kämpfen hatte. „Als wir gestartet sind, haben die arrivierten Vermittler nicht auf uns gewartet. Wir haben seitdem aber viel Transparenz und Service in den Markt gebracht“, sagt er. 20 000 registrierte Fahrer gibt es mittlerweile in Deutschland, rund 100 000 in ganz Europa, die sich Bewertungen durch ihre Kunden stellen müssen.

Für einen offenen Wettbewerb zwischen Taxis und Fahrdiensten genügen aber aus seiner Sicht ein paar Schulungen nicht. „Dienste mit Mietwagen unterliegen nicht der Tarifpflicht wie Taxis. In einem reinen Preiswettbewerb drohen Taxis den Kürzeren zu ziehen“, sagt Mönch. „Taxifahrer haben aber Monate lang die Straßen einer Großstadt auswendig gelernt, während Mietwagenfahrer keine Ortskundeprüfung mehr ablegen müssen.“ Ursprünglich war der Mietwagen mit Chauffeur nur auf Vorbestellung buchbar. „Durch Smartphone-Apps ist es nun technisch möglich, dass sich auch Mietwagen sehr spontan bis wenige Minuten vor der Abfahrt bestellen lassen. Sie bieten dadurch taxiähnlichen Service zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen an. Eine Unterteilung zwischen Taxis und Mietwagen erscheint daher überholt“, sagt er. „Bei der anstehenden Novelle des Personenbeförderungsgesetzes sollten beide Verkehrsarten reformiert werden und unter gleichen Wettbewerbsbedingungen agieren können.“ Die große Koalition hat sich in den Koalitionsvertrag geschrieben, das Regelwerk zu reformieren.

Einen festen Tarif für alle Beförderer – seien es Taxis oder Chauffeurdienste – hält Mönch aber für ebenso wettbewerbsfeindlich wie ein System, das nur Taxis auf höhere Preise verpflichtet. „Gut wäre ein Mittelweg. Das ist ein Tarif mit einer Untergrenze, die Fahrer vor prekären Verhältnissen schützt, und mit einer Obergrenze, die Kunden vor Preisraketen zu Stoßzeiten bewahrt“, sagt er. Solch ein System eröffne noch mehr Chancen für Wettbewerb. „Aktuell gilt für eine Taxifahrt immer der gleiche Tarif, egal ob der Kunde in einer S-Klasse oder in einem Dacia sitzt. Mit einen Preiskorridor gäbe es die Möglichkeit zu differenzieren, zum Beispiel zwischen verschiedenen Fahrzeugklassen.“

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