Ebay: 10 Jahre bieten und steigern

Frankfurter Rundschau online, 26. Februar 2009

Die Nordmanntanne neige “zum verstärkten Nadelausfall”, schreibt der Verkäufer, der sich maxn578 nennt. Ohne Kerzen und Kugeln ist die Tanne nutzlos, verkaufen will maxn578 sie dennoch – bei Ebay. Und so können Besucher der Auktionsseiten, die es in Deutschland seit nunmehr zehn Jahren gibt, auf einen Baum bieten, der schon auf einem Foto arg zerrupft aussieht.

Und so können Besucher der Auktionsseiten, die es in Deutschland seit nunmehr zehn Jahren gibt, aktuell auf einen Baum bieten, der schon auf einem Foto arg zerrupft aussieht. Maxn578 preist das Gestrüpp als “Naturprodukt (Bio)” an. Als Weihnachtsdeko wäre der Baum erbärmlich, er sei aber noch “perfekt zum Kompostieren, um Hackschnitzel daraus zu machen oder als Brennholz zu verwenden”.

Sechs Tage ist die Offerte für einen Euro online, niemand hat Geld geboten – ernsthaft wird maxn578 das auch nicht erwartet haben. Seine Gag-Auktion im Jahr zehn von Ebay Deutschland geht als Symbol dafür durch, dass der Wust von bis zu 30 Millionen gleichzeitig angebotenen Artikeln viel Wert- und Belangloses enthält.

Auch Ebay selbst hat einiges an Nadeln gelassen. Die Konzernmutter im kalifornischen San José musste einräumen, dass 2008 das Weihnachtsgeschäft erstmals schlechter gelaufen war als im Vorjahr.

Weniger Nutzer steigerten mit, das Angebot schrumpfte, der Konzerngewinn sank um ein Drittel, die Deutschland-Tochter kündigte Entlassungen an. Für Beobachter hat Ebay seine besten Jahre hinter sich.

Abschied vom Flohmarktprinzip

Der gute alte Flohmarkt in der Online-Welt – das war Ebay anfangs. Doch der Charme des virtuellen Stöberplatzes für Rares und Skurriles ist verflogen. Und daran ist Ebay selbst mitschuldig. Der Unternehmen trimmte seine Seiten auf Kommerz: Profianbieter für Neuware können längst ihre Angebote wie im Supermarkt dauerhaft ohne Auktion einstellen.

Die zum Zehnjährigen gestartete Rubrik “Wow” ist ein Postenmarkt für ausgewählte Produkte in begrenzter Stückzahl – verkauft zum Festpreis. Ebay entfernt sich damit weiter vom Flohmarktprinzip.

Trotz aller Kritik ist Ebay unangefochtener Marktführer unter den Auktionsseiten, was das Unternehmen zum Geburtstag mit einer eigens in Auftrag gegebenen Studie stolz vorträgt. Demnach kauft jeder zweite Deutsche unter 49 Jahren regelmäßig auf der Plattform ein, jeder vierte verhökert selbst Gegenstände von Großmutters Dachboden oder aus dem eigenen Lagerhaus.

Wie aus Alando Ebay wurde

Zehn Jahre Ebay in Deutschland feiert das Auktionshaus. Doch diese Zahl verdeckt die wahre Geschichte. Sechs junge Männer aus Berlin starteten im Frühjahr 1999 die Seiten zum Er- und Versteigern unter dem Namen Alando.

Ihr Portal war – freundlich formuliert – durch die US-Vorlage Ebay inspiriert. Zwei von ihnen, Max Finger und Oliver Samwer, hatten ihre Uni-Abschlussarbeit über junge Firmen in den USA geschrieben – dort hatte Pierre Omidyar 1995 sein Auctionweb online geschaltet.

350.000 deutsche Ebayer sind nach Angaben des Unternehmens seit zehn Jahren dem Auktionsportal treu – die deutschen und die amerikanischen Ebay-Väter haben jedoch längst die Zügel aus der Hand gegeben.

Die Gründer um Samwer verkauften Alando ein halbes Jahr nach dem Start – an Ebay. Das US-Vorbild ließ sich den bereiteten Deutschland-Marktplatz einiges kosten, zahlte 43 Millionen Dollar. Omidyar hat sich in den Ebay-Aufsichtsrat zurück gezogen und ist hauptsächlich gemeinnützig als Chef einer eigenen Stiftung aktiv.

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