Thomas Cook entdeckt die Emirate

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Mai 2011 Europas zweitgrößter Reiseveranstalter strebt nach dem Kauf von Öger Tours neue Ziele im Nahen Osten an. Von der Wintersaison an sollen Urlaube in Dubai angeboten werden, auch Abu Dhabi und Qatar sollen in den Katalog kommen.

Schwärmereien hört man von Peter Fankhauser selten – und zwar nicht erst, seit sich die Folgen der Unruhen in Ägypten und Tunesien in der Bilanz von Thomas Cook niedergeschlagen haben. Der Deutschland-Chef von Europas zweitgrößtem Reiseveranstalter schloss sich schon während der Branchenmesse ITB im März nicht den Rekordprognosen für die Branche an. “2011 hat gut begonnen, aber für Rekordmeldungen ist es noch zu früh”, sagt er zur Erklärung.

“Gut, aber nicht phantastisch” – das ist die Umschreibung dafür, dass Thomas Cook mit seinen Marken Neckermann, Bucher und Air Marin in Deutschland, Österreich und der Schweiz bis Ende März 4 Prozent mehr Sommerreisen als im Vorjahr verkaufte. Dabei gaben die Kunden durchschnittlich 3 Prozent mehr für ihren Urlaub aus. Neben Skandinavien gilt Deutschland im Thomas-Cook-Konzern als Wachstumsmarkt – nicht zuletzt wegen des 2010 abgeschlossenen Kaufs des Türkeireise-Spezialanbieters Öger Tours.

“Wir haben etwas Gutes gekauft”, ist Fankhauser überzeugt. Dabei wäre díe Übernahme um ein Haar gescheitert. Die Verhandlungen mit Firmengründer Vural Öger waren festgefahren. Nach einer Denkpause kamen beide Seiten noch einmal zusammen. Diesmal wurden sie sich schnell einig. Ein “Markenartikler für Türkei-Reisen” sei Öger Tours, sagt Fankhauser. Anders als bei früheren Zukäufen stand deshalb nie zur Diskussion, die Marke aufzugeben. Der neu in die Markenfamilie aufgenommene Name soll in den kommenden Jahren zum stärksten Wachstumstreiber werden. “Je näher die Türkei an die EU heranrückt, desto wirtschaftlich potenter wird das Land”, prognostiziert Fankhauser. Außerdem ist er überzeugt, dass der Name Öger Tours für mehr taugt als bloß als Etikett für Reisen nach Antalya, Side und Belek.

“Die Türkei und der Orient ergänzen sich. Wir erweitern deshalb das Angebot von Öger Tours auf die Emirate”, kündigt Fankhauser an. Im Jahr eins nach dem Zukauf schärft er das Profil seines neuen Markenkindes. Von der Wintersaison an sollen Urlaube in Dubai angeboten werden, auch Abu Dhabi und Qatar sollen in den Katalog kommen. Bislang ist das Thomas-Cook-Angebot am Persischen Golf spärlich. Dem Ausbau zum Opfer fallen soll dem Vernehmen nach hingegen das Karibik-Angebot von Öger Tours.

Das geschärfte Profil von Öger Tours will Fankhauser auch dafür nutzen, sich hinsichtlich der Rendite einen sicheren Vorsprung vor der Konkurrenz zu erarbeiten. Schon jetzt gilt der gebürtige Schweizer in der Branche als Margenkönig unter den deutschen Pauschalreiseanbietern. “Wir sind Kostenführer”, sagt Fankhauser. Und je mehr Deutsche er in den Urlaub bringe, desto mehr mache sich dies bezahlt. Mit einer Veranstalterrendite von 3 Prozent liege er deutlich vor der Konkurrenz. “Damit haben wir aber noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht”, sagt er.

Eine Hürde auf dem Weg zu höheren Renditen sind Belastungen wie aktuell in Ägypten und Tunesien – den von Fankhauser verantworteten Teil im Thomas-Cook-Konzern kosteten die Folgen der Unruhen bislang 4,1 Millionen Euro Gewinn. Um das Geschäft wieder anzukurbeln, fuhr der Reisemanager persönlich nach Nordafrika, sprach mit Hoteliers und rang ihnen Zugeständnisse von 30 bis 50 Prozent ab. Im Gegenzug gab er das Versprechen, dass Thomas Cook wieder mehr zahlt, sobald die Buchungszahlen stiegen.

“Wir haben nicht die Absicht, an der Krise zu verdienen”, beteuert Fankhauser. Einige Wochen mit Unruhen sollen kein Anlass sein, dauerhaft das Preisniveau zu drücken. “Mit der Zeit würde dann auch die Urlaubsqualität vor Ort leiden.” Es sei das “ureigenste Interesse” von Thomas Cook, dass das Urlaubsgeschäft in diesen Regionen rasch wieder funktioniere. “Wenn sich mit Hilfe des Tourismus wieder wirtschaftliche Stabilität einstellt, wird die Lage auch politisch stabiler”, sagt er. Mit aktuellen Angeboten würden schon wieder Kunden angelockt. “Im laufenden Jahr rechnen wir in Ägypten und Tunesien mit etwa 60 Prozent des geplanten Niveaus. Das hätte schlimmer kommen können”, sagt Fankhauser.

Mahnende Worte richtet der in der Branche als scharfer Rechner bekannte Schweizer hingegen an Hoteliers am westlichen Mittelmeer. Spanische Unternehmer, die nach verhaltenen Jahren nun dank vieler Ausweichurlauber mit einem starken Sommergeschäft rechnen, warnt er vor zu hohen Preisaufschlägen. “Die spanischen Hoteliers sollten es nicht überziehen. Sie bekommen in diesem Jahr Gäste geliehen und können nichts dafür”, sagt Fankhauser.

Öger Tours soll nicht der letzte Zukauf von Thomas Cook in Deutschland bleiben, obwohl sich nicht abzeichnet, dass einer der größeren Wettbewerber sein Geschäft ausgerechnet an Thomas Cook abgegeben möchte. Außerdem geht es Fankhauser nicht bloß um Größe. “Nur verkaufswillig zu sein reicht nicht. Ein Zukauf muss für uns ein gutes Geschäft sein”, sagt er. Und er will weiter nur Reisen für Kunden organisieren, die in Deutschland aufbrechen. “Einen Incoming-Veranstalter in Deutschland möchte ich nicht haben”, sagt Fankhauser.

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