Hotelurlaub nicht ohne Instagram

F.A.Z. vom 8. Juni. Design statt Riesenpool: Reisende wünschen fotogene Unterkünfte – und Thomas Cook macht sich das zunutze / Von Timo Kotowski

Eine extralange Wasserrutsche? Ein besonders virtuoser Barkeeper? Überdurchschnittlich viele Liegestühle am Pool? Nein, zu den Vorzügen des Grand Hotel Miramar im spanischen Malaga soll eine Fotogelegenheit gehören: ein großer orangefarbener Seestern über dem Bett im „Deluxe-Sea“-Zimmer – von den Gästen aufzunehmen und auf Online-Plattformen wie Instagram zu verbreiten. So war es nachzulesen in der Zeitschrift „High Life“, dem Bordmagazin von British Airways. Damit dürfte die Herberge im Trend liegen. Denn Urlauber suchen ihre Ziele zunehmend auch danach aus, was sie vor Ort mit ihrem Smartphone aufnehmen können.

Europas zweitgrößter Reiseveranstalter Thomas Cook, Mutterkonzern von Neckermann-Reisen und der Fluggesellschaft Condor, reagiert auf diese stärker werdende Urlauberleidenschaft. „Die Urlauber von heute wollen ein Instagram-fähiges Hotel“, sagt der Vorstandsvorsitzende Peter Fankhauser. Fotogen statt pompös, so lautet die Devise. „Unsere neuen Hotels haben keine Riesen-Swimmingpools, aber sie haben das passende Design“, sagt Fankhauser über die Cook’s-Club-Unterkünfte, die der Konzern von diesem Jahr an aufbaut. Das erste Haus hat auf Kreta eröffnet, 2019 will der Konzern schon 15 Cook’s Clubs haben. Sie sollen sich an „moderne und junge Reisende“ richten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit längst Instagram verwenden.

Laut der Studie „Young Traveller Compass“, für die deutsche Urlauber bis 27 Jahre befragt werden, zählen für 84 Prozent von ihnen das Versenden von Fotos und das Veröffentlichen auf Instagram zu den bevorzugten Smartphone-Nutzungen im Ausland. Eine Untersuchung in Großbritannien ergab gar, dass 40 Prozent der jungen Reisenden Ziele nach der „Instagramability“ aussuchen. Leuchtenensembles an der Bar, Böden in Holzanmutung statt Kacheln am Pool sollen bei Cook gut für die Optik sein. Damit überträgt Fankhauser in das Drei-Sterne-Segment, was der Konzern 2017 im Premiumsegment mit den Casa-Cook-Häuser begonnen hat.

Was früher der Diaabend nach der Heimkehr war, wird heute ersetzt durch das Verbreiten von Fotos auf Online-Plattformen wie Instagram. Da Urlauber lieber protzen, wie schön sie es in den Ferien haben, statt einen für sie teuren Missgriff einzugestehen, verbreiten sich hauptsächlich äußerst vorzeigbare Motive. Instagram macht es möglich, Aufnahmen technisch aufzupolieren. Die Impressionen dafür will Thomas Cook liefern – nicht nur weil die Kunden diese suchen. Nebenbei wird der fotografierende Urlauber auch noch zum kostenlosen Werber für Land, Hotel und auch den Reisekonzern.

Dass Hotels fotogener sein sollen, bekommen auch Architekten zu spüren. „Das Schaffen von Instagram-Momenten ist ein Teil von Architekten-Aufträgen geworden“, sagte jüngst die Architektin und Harvard-Professorin Farshid Moussavi dem Fachmagazin „Dezeen“. Sie selbst habe das mehrfach erlebt. Für Thomas Cook hat das neue Interesse an Optik einen positiven Begleiteffekt: „In der ersten Hälfte unseres Geschäftsjahres hatten wir 12 Prozent mehr Kunden, die wir vorher noch nie gesehen hatten“, sagt Fankhauser. Das Casa-Cook-Haus auf Rhodos buchten im ersten Jahr sogar zu 90 Prozent Kunden, die sich vorher nie für Pauschalreisen von Thomas Cook und Neckermann interessiert hatten. Der Konzern setzte zuletzt zwar 9 Milliarden Pfund (10,2 Milliarden Euro) mit 20 Millionen Kunden im Jahr um. Doch ähnlich wie den Rivalen TUI treibt Thomas Cook die Sorge um, dass seine Pauschalreiseurlauber immer älter werden, während der Nachwuchs fehlt. Der stellt sich nämlich oft aus separat zusammengesuchten Flügen und Hotelbuchungen individuelle Reisepakete zusammen.

„Der Kunde will nicht mehr wie einer von vielen behandelt werden. Die Zeit, in der eine Standardreise an alle Kunden verkauft werden konnte, ist vorbei“, sagt Fankhauser. Dass Kreuzfahrten auf immer größeren Schiffen sich wachsender Beliebtheit erfreuen, steht dem nicht entgegen. Auch Cook hat sich in die Gestaltungsvorgaben geschrieben, dass die neuen Designhotels bis zu 400 Zimmer haben dürfen. Es sollen aber keine Betonburgen mehr sein, sondern optisch unterschiedliche Häuser für eine Kundengruppe mit speziellen Vorlieben. „Das Geschäft mit Boutique-Hotels ist nicht skalierbar, aber es ist erweiterbar“, räumt Fankhauser einen Nachteil ein. Hinsichtlich der Zahl der Unterkünfte sollen weniger Häuser größere Gewinne ermöglichen. „Aktuell haben wir noch 3100 Hotels in unserem Kernsortiment, ich möchte auf 2500 runtergehen. Dort sind wir dann wirklich der Reiseveranstalter, haben das Produkt und die Preisgestaltung im Griff.“

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